25 Jahre Billigwahn und „Drehtür“-Mode
Was hat sich seit der Expo 2000 getan, fragt das Museum für textile Kunst (MFTK)
In seiner neuen Sonderausstellung „Scheren-Schnitt – Lächelnder Schmerz der Modeindustrie“ hinterfragt ab Sonntag, 6. April, das Museum für textile Kunst e.V. die Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie sowie unser Konsumverhalten.
Herzstück ist eine Präsentation des Kirchlichen Entwicklungsdienstes (KED), die vor 25 Jahren auf der Expo 2000 die prekäre Situation der Beschäftigten in der Textilindustrie im asiatischen Raum anprangerte.
Ausgestellungsstücke in der Ausstellung „Scheren-Schnitt – Lächelnder Schmerz der Modeindustrie - Symbole für die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie. Fotos: Iris Klöpper
Das Museum für textile Kunst e.V. (MFTK) blickt zurück: 25 Jahre ist es her, dass die Expo 2000 mit ihrem Motto „Mensch, Natur, Technik – Eine neue Welt entsteht“ die ganze Welt begeisterte.
Die Ausstellung „Scherenschnitt und Zwangsjacke“ des Evangelischen Entwicklungsdienstes (KED) hinterfragte damals als Teil der Expo 2000 die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie. Diese Präsentation ist jetzt Herzstück der aktuellen Sonderausstellung im MFTK.
Mit kunstvoll gestalteten Krinolinen aus Plastik, wertvollen Stickereien und historischen Kleidern stellt Ausstellungsmacherin Erika Knoop die Frage, was sich seitdem getan hat: Sind uns die Lieferketten bewusst? Ist uns in unserer heutigen Zeit Schnäppchenglück immer noch wichtiger als die Folgen des Billigwahns mit seinen Auswüchsen in Billiglohnländern? Was kann jeder Einzelne tun? Und kann die Digitalisierung die Produktionsbedingungen verbessern?
„In den Meeren und Wüsten der Erde – dort, wo wir es nicht mehr sehen können und offenbar auch nicht wollen – finden sich die unglaublichen Müllberge der Textilindustrie und der Fast Fashion-Philosophie wieder. Nicht nur, dass die Arbeitsbedingungen in den asiatischen oder afrikanischen Ländern weiterhin unzumutbar schrecklich sind – auch die ungezügelte Plünderung der Ressourcen dieser Erde hat noch zugenommen.
"Wir müssen dringend handeln und die Lieferketten sozialverträglich und umweltfreundlich gestalten. Es kann nicht sein, dass ein aufwendig genähter Anorak fünf Euro kostet. Wir müssen unser Konsumverhalten unbedingt ändern“, fordert Modedesignerin Erika Knoop.
Designerinnen stellen ihre nachhaltige sozialverträgliche Mode vor
Abb. links: Stella Stein-Schneider produziert mit ihrem Label „HerStella“ (Hannover) Mode, die auch auf Upcycling setzt.
Abb. rechts: Silke Klotzbach (Klotzbach Cooperate Fashion, Hannover) kreiert kunstvolle, nachhaltige Mode „Made in Europe“. Ihre Antwort auf den Fast Fashion Wahn ist Teil der aktuellen Sonderausstellung im MFTK
Fotos: Iris Klöpper

Rebecca Neumann (links), Kirchlicher Entwicklungsdienst Niedersachsen, stellte das Herzstück für die Sonderausstellung im MFTK zur Verfügung. Hier im Gespräch mit Ausstellungsmacherin Erika Knoop.
Eine Vintage-Aktion ist ebenfalls Teil der Ausstellung: Alle mit einem Preisschild versehenen Kleider und Textilien sind zu haben. Damit will das Museum zumindest eine Antwort direkt vor Ort auf die Verschwendung von Textilien geben und alle dazu anregen, Kleidern ein zweites Leben zu schenken.
Die Sonderausstellung „Scheren-Schnitt – Lächelnder Schmerz der Modeindustrie“ ist vom 6. April bis August 2025 geöffnet. Führungen sind nach telefonischer Anmeldung möglich.
Das
Museum für textile Kunst e. V. (MFTK) engagiert sich für einen achtsamen, sozialverträglichen und umweltfreundlichen Umgang mit Kleidung. Die Dauerausstellung zeigt kostbare und besondere Textilien aus aller Welt. Der Ausstellungsort ist ebenfalls besonders: In einem renovierten Bunker des Zweiten Weltkriegs befindet sich die wertvolle von Modedesignerin und Museumsgründerin Erika Knoop in über 40 Jahren zusammengetragene Textilsammlung.
Upcycling, Vintage und Fashion-Verkauf
Mit ihrem neben dem Museum gelegenen Atelier setzt sich auch Erika Knoop für das Upcycling von Textilien ein und fertigt hochwertige Kleidungsstücke, die Besucherinnen und Besucher dort erwerben können.
Ute Micha, PreDiNo/Sigrid Lappe, HaWo